 Fragte man Deutschlands Kritiker nach jener CD, die sie am liebsten auf eine einsame Insel mitnehmen würden, nicht wenige von ihnen würden gegenwärtig "Is a woman" nennen, das mittlerweile sechste Album der amerikanischen Band Lambchop. Die Süddeutsche Zeitung etwa feierte das Lambchop-Werk gleich als eine der zehn besten Platten der Popgeschichte. Der Kritiker des Berliner Tagesspiegel nannte "Is a woman" "exzellent", der deutsche Rolling Stone vergab das Prädikat "vollendet", die Kritikerin vom TIP Berlin mochte sich der Musik dieses Albums gar hingeben "wie einem sinnlichen Liebhaber" - und alle haben Recht.
 Um es gleich vorwegzunehmen: Lambchops "Is a woman" ist ein Meisterwerk, eine zeitlose CD voller magischer Momente, eine melancholische Oase der Ruhe und Gelassenheit. In einer Zeit, in der die Moden in der Rock- und Popmusik aufgeregt beinahe täglich wechseln, hat Kurt Wagner, musikalischer Kopf und Sänger des losen Musikerkollektivs Lambchop, ein Album von zeitloser Schönheit und Melancholie gezaubert. Keine hektischen Fast-Food-Songs, keine barock-aufgemotzte oder postmodern minimalisierte Produktion, keine schnellen Melodien, gestern aufgenommen, heute gehört, morgen vergessen - Kurt Wagner versteht sich auf die Langsamkeit.
Weiche Melodienlinien durchziehen jeden der elf wundervollen Songs. "The daily growl" beginnt mit einem stimmungsvollen Barpiano, dann setzt Kurt Wagners klare, zugleich brüchige Bassstimme ein, begleitet von sanften Akustikgitarren, unaufdringlichen Rhythmustupfern und einer entspannt im Hintergrund agierenden E-Gitarre. Piano und Gesang stehen auch auf den anderen Titeln immer im Vordergrund, zuweilen unterstützt von einem fein gewebten Teppich aus sanften Orgeltönen und synthetischen Klängen. Auf "The new cobweb summer" gibt es ein unaufdringliches Saxophon zu entdecken. Songs wie "Caterpillar" strahlen eine brüchige Schönheit aus, und "D Scott Parsley" entfaltet seinen eigentümlichen Reiz durch seine abrupten Pausen: die Instrumente verstummen, für den Bruchteil einer Sekunde herrscht Stille. Der Wechsel von Klang und Stille erzeugt einen hypnotischen Rhythmus. Man wippt nicht mit Füßen, der ganze Körper schwingt.
Mit der Stimme des klassischen Crooners vom Schlage eines Frank Sinatra erzählt Kurt Wagner Alltagsgeschichten über Liebe, Trennung, Tod und Einsamkeit. Seine Stimme raunt und kratzt, die Lippen immer dicht am Mikro: "It's an emotional-", Wagner bricht ab, das Klavier tröpfelt, der Bass lauert, bis Wagner seinen Vers vollendet: "-ly challenge." Magisch, poetisch, wunderschön!
Der Rockhistoriker denkt an Van Morrison, die Tindersticks oder Elvis Costello. Aber solche Vergleiche werden der Musik von Lambchop nicht gerecht. "Is a woman" ist ein magisches Album geworden, das seinen eigenen Standard definiert, ein Klassiker - eine CD nicht nur, aber auch für die einsame Insel eben!
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