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Lizenz zum Schmunzeln
Glosse der Woche

Lizenz zum Schmunzeln No.435
Wenn ältere Damen reisen...

DREISTER DIEB IM RESIDENZHOTEL - so stand es in der Zeitung aus dem BahnhofskioskRegine Hartmann sträubten sich die Haare.
"Das wird noch böse enden!", malte sie das Unheil an die Wand. "Ganz allein in eine Großstadt fahren? Das wär' mir zu gefährlich! Und alles nur wegen diesem Uwe..."
"Rouwen", korrigierte Inge ihre Nachbarin. "Rouwen Mahlerwein! Er ist ein wundervoller Dirigent!"
"Ach ja?", gab Regine schnippisch zurück. "Wenn ich dir einen Rat geben darf, kauf' dir eine CD von deinem Dirigenten! Das ist billiger, bequemer und völlig ungefährlich!"


Dieser Ratschlag kam zu spät. Inge besaß längst ihre Konzertkarte, ein Zimmer im noblen Residenzhotel war gebucht, und Inge freute sich auf das Konzert. Nur der Gedanke, allein in eine fremde Stadt zu reisen, trübte ihre Freude. Wusste man doch, wie gefährlich Großstädte für ältere Damen sein konnten, die ans Stadtleben nicht gewöhnt waren!

Eine Woche später saß Inge im Zug. Sie hatte sich für unterwegs eine Zeitung gekauft. Als sie sie aufschlug, sprang ihr eine Überschrift sofort ins Auge: "Dreister Dieb im Residenzhotel".

"Mein Hotel!", schrie Inge auf. Sie überflog den Bericht und studierte das Phantombild des flüchtigen Diebes, während in ihrem Kopf Regine Hartmanns Stimme immer wieder mahnte: "Das wird noch böse enden!"

Inge fuhr vom Bahnhof aus per Taxi ins Hotel. Als die Formalitäten an der Rezeption erledigt waren, wollte sie nach dem Vorfall fragen, von dem sie in der Zeitung gelesen hatte. Doch eine japanische Touristengruppe scharte sich gerade um die Rezeption, und die Hotelangestellte hatte für Inges Frage jetzt kein Ohr.

Das Konzert war ein Erlebnis, die Nacht im Hotel ein Alptraum. Um elf kehrte Inge zurück und fuhr hoch in den vierten Stock. Der blutrote Teppichboden des langen Hotelflurs schluckte das Geräusch ihrer Schritte. Hinter jeder Tür schliefen Menschen. Trotzdem fühlte sich Inge in dem riesigen Hotel verloren und allein, und ihr Herz raste, während sie ängstlich den schummrigen Flur entlang hastete.

Vierhundertvierzig - das war ihre Zimmernummer, und Inge zückte ihren Schlüssel. Da sprang die Tür des Nachbarzimmers auf. Ein Mann kam heraus: kantiges Gesicht, Stirnglatze, stechender Blick. Inge erkannte ihn sofort - das war der Dieb, der in der Zeitung abgebildet war! Starr vor Schreck fiel ihr der Schlüssel aus der Hand. Inge bückte sich, doch der Dieb kam ihr zuvor und hob den Schlüssel auf.

"Darf ich Ihnen helfen?", schnarrte seine Stimme.

Inge schüttelte verängstigt den Kopf.

"Na dann, einen schönen Abend noch", grinste der Dieb, gab Inge den Schlüssel und schlenderte zum Fahrstuhl. Inge blickte ihm wie betäubt hinterher, bis sich die Fahrstuhltür hinter ihm schloss. Dann steckte sie den Schlüssel ins Schloss, riss die Tür auf und schlug sie hinter sich zu.

Sollte sie die Rezeption anrufen? Nein, man würde sie womöglich für hysterisch halten und sie mit Floskeln abzuspeisen suchen. Inge blieb nichts übrig, als sich selbst zu helfen! Sie stellte einen Stuhl unter die Türklinke, schob zur Sicherheit noch einen Sessel davor und platzierte den Papierkorb obenauf. Kein Dieb würde es jetzt noch schaffen, geräuschlos in ihr Zimmer einzudringen!

Kurze Zeit später klopfte es.

"Wer ist da bitte?", rief Inge und machte Licht.

"Ihr Zimmernachbar!"

Inge erbleichte. Der Dieb! Er war zurückgekehrt und suchte sich ein neues Opfer!

"Was wollen Sie von mir?", stammelte Inge in höchster Not. "Ich habe keinen Schmuck, nur wenig Bargeld! Es ist nichts in meinem Zimmer, was einen Diebstahl lohnt!"

"Das will ich Ihnen gerne glauben", kam es da vom Flur zurück. "Aber Ihren Zimmerschlüssel sollten sie trotzdem nicht von außen stecken lassen!"

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© Alfred Krüger http://www.akrue.de/